Berliner Friedensgesellschaft: Putsch der Bundesebene abgewehrt!

So hatten sich die drei extra angereisten Angestellten der Friedensgesellschaft DFG-VK die Berliner Mitgliederversammlung sicher nicht vorgestellt. Denn Mitglieder aus den Berliner Basisgruppen hatten eine deutliche Mehrheit gegenüber Unterstützerinnen des Bundesverbandes. In der Sitzung feierten die Berliner sich für ihre gelungenen Aktionen; sie sorgten dafür, dass ihr wegen Kritik an Antisemitismus ausgeschlossener Vorstand Rederecht bekam, entlasteten diesen und wählten ausschließlich Mitglieder aus ihren Reihen in den neuen Vorstand. „Aus der Perspektive des Bundesvorstandes endetet ihr Putschversuch mit einem Desaster!“, freut sich Toni Schmitz, Sprecherin der zwei aktuell klagenden ausgeschlossenen Berliner Vorstandsmitglieder.

Widerstand auf der Mitgliederversammlung
Aus Sicht der Berliner Aktiven hatte der Bundesvorstand der DFG-VK ihren gewählten Berliner Landesvorstand rechtswidrig ausgeschlossen. „Um die Machtverhältnisse im Landesverband zu beeinflussen“, so Toni Schmitz, habe der Bundesverband für den 9.12.2025 zu einer Landesmitgliederversammlung in Berlin eingeladen. Knapp 30 Mitglieder und Gäste drängten sich zu Beginn der Sitzung im für die Größe der Veranstaltung zu kleinen Ausstellungsraum im „Antikriegsmuseum“ im Wedding. Mit dabei: Der Bundesgeschäftsführer und zwei weitere Angestellte. Diese wollten die Versammlung flott durchziehen. Doch dabei stießen sie auf Widerstand.

Rauswurf gescheitert
Ein Mitglied und die Kassenprüfer des Landesverbandes hatten im Vorfeld der Bundesebene bereits mitgeteilt, dass sie einen Kassenprüfbericht angefertigt hatten und eine Entlastung des von der Bundesebene rausgeworfenen Landesvorstand beantragen möchten. „Ich hatte den Eindruck, das Erscheinen der drei Ausgeschlossenen traf die Angestellten trotzdem völlig überraschend“, berichtet Toni Schmitz. Es sei ein halbherziger Rauswurfversuch gefolgt. „Wir haben dem Bundesgeschäftsführer aus Kassel freundlich erklärt: Die Entscheidung, wer als Gast zugelassen ist, und wer nicht, solle er doch bitte satzungsgemäß der Berliner Mitgliederversammlung selbst überlassen. Danach haben wir einfach Platz genommen“, sagt Toni: „Das ist unser selbstbewusster ziviler Ungehorsam gegenüber Autoritäten, auf den die Bundesebene unseres Vereins genauso schlecht klar kommt wie die Bundeswehr.“

Teilnehmende und Mehrheiten
„Zu Beginn der Versammlung waren die Mehrheitsverhältnisse zur offensichtlichen Überraschung der Angestellten des Bundesverbandes unklar“, sagt Toni Schmitz. Denn es nahmen viele der in der DFG-VK Berlin-Brandenburg und deren Basisgruppen in den letzten Jahren aktive Mitglieder teil. Deren Altersschnitt lag deutlich unter dem in der Friedensbewegung üblichen Alter. Sie stellten fast die Hälfte der Anwesenden. Dazu kamen einige Neumitglieder mit unterschiedlichen Hintergründen. Lediglich ein Viertel der Anwesenden waren Mitglieder seit Ewigkeiten: „Die meisten davon haben seit Jahren oder Jahrzehnten nicht an Aktivitäten des Landesverbandes teilgenommen“, erklärt Toni: „Ich glaube, die waren ausnahmsweise da, weil die Bundesebene sie mobilisiert hat und ihnen keine anderen Menschen als Ansprechpersonen für ihren Putsch eingefallen sind.“

Streit um die Tagesordnung
Die Versammlung startete holperig. Den Aktiven im Landesverband gelang es, gegen die Angestellten des Bundesverbandes durchzusetzen, dass Protokollführung und Tagesleitung paritätisch mit eingesessenen Aktiven und „Putschisten“, wie Toni Schmitz sagt, besetzt wurden. Daraufhin entbrannte ein fast zweistündiger Streit über die Tagesordnung. „Die im Landesverband Aktiven bestanden darauf, dass es einen Rechenschaftsbericht samt Kassenbericht des alten Vorstandes geben solle, die Putschisten empfanden diese Selbstverständlichkeit als ‚Frechheit‘ und versuchten dies mit abenteuerlichen Pseudo-juristischen Behauptungen zu verhindern“, berichtet Toni Schmitz: „Doch wir konnten uns gemeinsam durchsetzen.“

Wenig Frustrationstoleranz
Diese Abstimmungs-Niederlage demotivierte die Teilnehmer*innen auf Seite des Bundesverbandes sichtlich. Die ersten verließen bereits in der Pause vor dem Rechenschaftsbericht die Veranstaltung. Dadurch verschoben sich die Mehrheitsverhältnisse noch deutlicher Richtung der in den Basisgruppen des Landesverbandes aktiven Mitglieder. „Alle reden von Verhandeln, verhandeln, verhandeln, aber wenns tatsächlich um Aushandlungsprozesse geht, ist die Frustrationstoleranz in der Friedensbewegung nicht besonders hoch…“

Sexismus in der Sitzung
Während der Sitzung schaffte es ein älterer Herr leider nicht, eine junge Frau ausreden zu lassen und unterbrach diese. „Angemessene Interventionen von der Tagesleitung gab es leider nicht“, sagt Toni Schmitz. Zwei Frauen fanden in der Pause trotzdem den Mut, auf den Mann zuzugehen: Leider erfolglos. Die Diskriminierungserlebnisse sprachen sie anschließend lobenswerterweise auch offen in der Sitzung an. „Doch statt zuzuhören quatschte auch hier wieder ein Typ mit einem trivialisierenden Kommentar dazwischen.“ Das bewegte die Mitgliederversammlung später dazu, mit breiter Mehrheit dem neuen Vorstand den Auftrag mitzugeben, in der Zukunft geeignete Maßnahmen gegen Sexismus zu ergreifen und im Verband Bildungsarbeit dazu anzustoßen. „Sexismus ist in der DFG-VK auch in Berlin eines von vielen massiven Problemen“, sagt Toni Schmitz: „Wenn es uns gelingen soll, die jungen Leute, die jetzt Wehrdienst verweigern, zu integrieren, müssen wir gemeinsam an Sexismus, diskriminierenden Strukturen und toxischer Männlichkeit arbeiten.“

Die Arbeit der Ehrenamtlichen würdigen
Im Tätigkeitsbericht stellte eines der ausgeschlossenen Vorstandsmitglieder aufgrund einer von den Unterstützer*innen des Bundesverbandes durchgesetzten viel zu knappen Zeitbegrenzung vor allem die Tätigkeiten in den Basisgruppen dar. „Nirgends in der DFG-VK gibt es so aktive Basisgruppen wie in Berlin-Brandenburg“, erklärt Toni Schmitz. Was die Mitglieder dort ehrenamtlichen leisten, sei spektakulär. Diesem Engagement Sichtbarkeit und Anerkennung zu geben, war dem vortragenden Vorstand ein sichtliches Anliegen. Denn vom Bundesverband werde dies aus taktischen Gründen schlecht geredet: „Wie wenig sie die Aktiven des Landesverbandes ernst nehmen, zeigt ja die miese Vorbereitung des Putsches.“

Applaus für Aktionen
Die im Landesverband Aktiven freuten sich sichtlich über diese Wertschätzung. Einige der vielen gelungen Aktionen beklatschten sie sogar. „Hatten einige der Putschisten eben noch frech behauptet, ein Tätigkeitsbericht sei angeblich mangels Tätigkeiten gar nicht notwendig, zeigte sich hier deutlich, wer im Verband Friedensarbeit leistet und wer nur selbstgerecht labert“, sagt Toni Schmitz.

Tätigkeitsbericht des Vorstandes
Weiter ging der Rechenschaftsbericht auf die immer öfter angefragten Beratungen zu Kriegsdienstverweigerung ein. Er stellte außerdem die Kundgebungen gegen Putin-Propaganda, gegen Antisemitismus in der Friedensbewegung und die mit 15.000 Euro recht finanzstarke Unterstützung des Landesverbandes Berlin-Brandenburg für Proteste der Jugendorganisation der DFG-VK gegen den „Veteranentag“ der Bundeswehr dar.

Mehr Infos zu den Protesten am Veteranentag:
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/gefaelschte-bundeswehr-plakate-aufgetaucht-protest-zum-veteranentag-a-d668687b-9ca0-46fa-9530-b68f2f2313b9

Kassenbericht
Der anschließende Kassenbericht stellte Ausgaben und Einnahmen des recht solventen Landesverbandes dar. Die Kassenprüfer*innen stellten ihren Prüfbericht vor. Sie lobten die nachvollziehbare, disziplinierte und pflichtgetreue Kassenführung des Vorstandes und empfahlen eine Entlastung des Vorstandes. „In der anschließenden Debatte kritisierten die gut bezahlten Angestellten der DFG-VK und anderer Friedens-NGOs massiv die Spende von 15.000 Euro an die Jugendorganisation“, berichtet Toni Schmitz: „Kein Wunder: Mit den Protesten zum Veteranentag haben junge Ehrenamtliche selbstbewusst den bezahlten Kräften die Show gestohlen. Das kommt na klar nicht so gut an…“

Hintergrund:

Willkürliche Kontosperre: Bundesverband der DFG-VK blockiert unseren Landesverband:
https://dfg-vk-berlin.de/uncategorized/willkuerliche-kontosperre-bundesverband-der-dfg-vk-blockiert-unseren-landesverband/

Was kostete der Protest zum Naziprepper-Tag?
https://antimil-aktionsnetzwerk.site36.net/2025/12/12/was-kostete-unser-protest-zum-naziprepper-tag/

Wahlen
Da die Kassenprüferinnen eine Entlastung des alten Vorstandes beantragten, musste die Sitzungsleitung dies zur Debatte stellen. In der Abstimmung entlastete die Mitgliederversammlung die ausgeschlossenen Vorstandsmitglieder mit großer Mehrheit. „Die anschließenden Vorstandswahlen gerieten für die Putschisten aus dem Bundesverband zum Desaster“, freut sich Toni. Zur Überraschung der Angestellten kandidierten drei der im Landesverband aktiven Mitglieder. Weitere Kandidatinnen hätten sich nicht zur Wahl gestellt, berichtet Toni Schmitz: „Ich glaube, angesichts der eindeutigen Mehrheitsverhältnisse verzichteten die Kandidaten der Putschisten auf eine Kandidatur.“

Klagen gegen Ausschluss
Zur Mitgliederversammlung der Berliner Friedensgesellschaft am 9.12.2025 eingeladen hatte der Bundesverband. Dieser hatte im August 2025 den gesamten Berliner Landesvorstand ausgeschlossen. Alle drei ausgeschlossenen Vorstandsmitglieder haben rechtliche Schritte eingeleteit. Den Bundessprecher*innenkreis und auch die Delegierten im Bundesausschuss störte es, dass die Berliner Antisemitismus in der Friedensbewegung kritisieren. Aktuell klagen zwei der Betroffenen gegen diese in ihren Augen willkürliche Entscheidung.

Vertrauen in den neuen Vorstand
„Wir freuen uns sehr, dass die Mitgliederversammlung dem Bundesverband so deutliche Grenzen aufgezeigt hat“, erklärt Toni Schmitz: „Wir möchten dem neuen Vorstand unser Vertrauen aussprechen: Wir werden dessen Arbeit nicht nur bei neuen Angriffen der Bundesebene nach Kräften unterstützen und freuen uns auf die Zusammenarbeit.“ Eine Übergabe aller Zugänge, Passwörter und Unterlagen werde in den nächsten Tagen erfolgen. Das betreffe selbstverständlich auch den Blog dfg-vk-berlin.de. „Als gegen den Rauswurf des alten Vorstandes klagende Mitglieder werden wir uns in Zukunft nur noch in dieser Angelegenheit äußern“, so Toni Schmitz.

Mehr Infos:

Gaza-Geisel-Deal: Das peinliche Schweigen in der DFG-VK
https://dfg-vk-berlin.de/uncategorized/gaza-geisel-deal-das-peinliche-schweigen-in-der-dfg-vk/

Deutsche Friedensgesellschaft wirft Antisemitismus-Gegner*innen raus
https://dfg-vk-berlin.de/uncategorized/deutsche-friedensgesellschaft-wirft-antisemitismus-gegnerinnen-raus/

Willkürliche Kontosperre: Bundesverband der DFG-VK blockiert unseren Landesverband
https://dfg-vk-berlin.de/uncategorized/willkuerliche-kontosperre-bundesverband-der-dfg-vk-blockiert-unseren-landesverband/