
Darf die Friedensgesellschaft DFG-VK den ganzen Berliner Landesvorstand wegen Kritik an Antisemitismus in der Friedensbewegung rauswerfen? In der ersten Verhandlung heute vor dem Amtsgericht Stuttgart gab es dazu keine Entscheidung. Nach einer etwa einstündigen Erörterung zog der klagende Betroffene seine Klage zurück. Der Betroffene hatte vor der Klageerhebung auf eine Anrufung des Bundesausschusses (BA) der DFG-VK verzichtet. Dies ist in der Satzung als Möglichkeit zum Widerspruch gegen Rauswürfe vorgesehen. Der Richter bemängelte das Fehlen dieses Schrittes als Formfehler. Die zwei weiteren Betroffenen haben den BA „angerufen“. Der BA hat in seiner Sitzung am 28.9.2025 diese „Anrufungen“ verworfen. Davon haben die zwei weiteren Betroffenen am 1.10.2025 Kenntnis erhalten. „Damit ist für uns jetzt der Weg frei zur Klage!“ freut sich Toni Schmidt, Sprecher*in der DFG-VK Berlin-Brandenburg: „Denn eine seriöse Friedensorganisation muss aktiv gegen Antisemitismus vorgehen, statt Kritiker*innen rauszuschmeißen.“
Redaktionelle Anmerkung: Dieser Text gibt nicht die Sichtweise des Klägers wieder.
Dringlichkeit?
Der Richter deutete außerdem an, das er dem Vorgang eine „Dringlichkeit“ zuschreibe. „Dringlichkeit“ ist laut Satzung der DFG-VK Voraussetzung, damit für Ausschlüsse der BSK überhaupt zuständig ist und nicht die lokalen Gliederungen. Es habe einen BA-Beschluss am 6. Juli 2025 gegeben, der zur Dringlichkeit führe. „Dieser BA-Beschluss bezieht sich aber auf etwas anderes, als wofür der BSK uns rausgeschmissen hat“, sagt Toni Schmidt, Sprecher*in der verbliebenen ebenfalls ausgeschlossen Vorstandsmitglieder. „Das gilt es, in unseren folgenden zwei Klagen gründlicher heraus zu arbeiten.“
Chauvinistischer Spruch?
Prozessbeobachter*innen berichteten, dass der Bundeskassierer der DFG-VK sich im Saal gegenüber der betroffenen Person chauvinistisch und klassistisch geäußert habe. Als sich abgezeichnet habe, dass die Klage aufgrund des Formfehlers zurück gezogen werde, habe der Bundeskassierer im verächtlichen Tonfall gesagt: „Klag doch weiter, wenn Du genug Geld hast!“ Wir haben den Bundeskassierer um ein Statement gebeten: Er bestreitet, die Äußerung getätigt zu haben. „Wir können uns leider gut vorstellen, dass Offizielle der Bundes-DFG-VK sich in einem Gerichtssaal zu chauvinistischen Äußerung hinreißen lassen“, sagt Toni Schmitz. Das würde recht gut zum permanenten Mobbing in der DFG-VK gegen Andersdenkende passen, das Mitglieder des Landesvorstandes Berlin-Brandenburg erlebt hätten: „Der bisherige Gipfel war, dass ein Bundessprecher der DFG-VK beim Bundeskongress vom Podium herab ein Mitglied als ‚Arschloch‘ bepöbelte. Und der BA strich das nachträglich aus dem Protokoll statt Maßnahmen gegen den Täter zu ergreifen!“
„Gerechter Frieden“ oder Antisemitismus?
Wie kam es dazu, dass die Bundesebene der Friedensgesellschaft DFG-VK einen ganzen Landesvorstand entfernt? Der BundessprecherInnenkreis (BSK) nennt als Grund für den Rausschmiss die Kritik des Berliner Landesvorstands am Netzwerk „Gerechter Frieden“. Diese Bündnis, an dem sich auch die DFG-VK beteiligt, veranstaltete am 18. Oktober 2024 und am 15. Februar 2025 in Berlin Kundgebungen unter dem harmlos klingenden Titel „Für einen gerechten Frieden in Palästina und Israel“. Toni Schmitz erklärt die Kritik des Berliner Landesvorstands: „Das Bündnis schiebt die Schuld an der Situation in Gaza allein Israel zu und klammert die Verantwortung der Hamas komplett aus.“ Diese Kritik äußerte der Berlin-Brandenburger Landesvorstand bereits Ende 2024 in innerverbandlichen Diskussionen.
Kundgebung gegen Antisemitismus
Der BundessprecherInnenkreis (BSK) reagierte darauf nicht und beteiligte sich trotzdem am Netzwerk „Gerechter Frieden“. Schließlich veröffentlichte der Berlin-Brandenburger Landesvorstand seine Kritik und meldete eine Gegenkundgebung zur Veranstaltung des Netzwerks „Gerechter Frieden“ an.
Weitere Hintergrundinformationen zu den Ausschlüssen gibt es hier:
https://dfg-vk-berlin.de/uncategorized/deutsche-friedensgesellschaft-wirft-antisemitismus-gegnerinnen-raus/
Eine Chronologie des Streites zwischen dem Berlin-Brandenburger Landesvorstand und dem BundessprecherInnenkreis gibt es hier:
https://dfg-vk-berlin.de/uncategorized/chronologie-des-streites-um-antisemitismus-und-das-netzwerk-gerechten-frieden/
Satzungswidriger Ausschluss
Laut Toni Schmitz sei der Ausschluss des Berliner Landesvorstands nicht nur aus inhaltlichen Gründen problematisch: „Er verstößt auch schlichtweg gegen die Satzung der DFG-VK!“ Denn laut dieser sei der BundessprecherInnenkreis nur „in dringlichen Fällen“ für Ausschlüsse verantwortlich. Der BundessprecherInnenkreis (BSK) begründet den Ausschluss jedoch mit sechs Monate alten Blogbeiträgen des Berliner Landesvorstands.
Meinungsfreiheit?
„Und auch wenn man es bei all den Putin-Fans in der Friedensbewegung vielleicht vergisst“, so Toni Schmitz weiter: „Wir leben in einer Demokratie mit dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung!“ Solche demokratischen Grundrechte gälten auch für die DFG-VK.
Mehr Infos:
Interview zum Konflikt:
https://www.juedische-allgemeine.de/politik/die-verantwortung-der-hamas-wird-voellig-ausgeklammert/
Hintergrundinformationen zu den Ausschlüssen:
https://dfg-vk-berlin.de/uncategorized/deutsche-friedensgesellschaft-wirft-antisemitismus-gegnerinnen-raus/
Chronologie des Streites zwischen dem Berlin-Brandenburger Landesvorstand und dem BundessprecherInnenkreis:
https://dfg-vk-berlin.de/uncategorized/chronologie-des-streites-um-antisemitismus-und-das-netzwerk-gerechten-frieden/