Der Bundesverband der DFG-VK schließt alle Mitglieder des Landesvorstandes Berlin-Brandenburg aus dem Verein aus. Hintergrund ist die Kritik des Landesvorstandes Berlin-Brandenburg an der Teilnahme der DFG-VK an den Demonstrationen des Bündnisses „Gerechter Frieden“. Der Landesverband Berlin-Brandenburg kritisierte, dass das Netzwerk in seinen Aufrufen einseitig Israel die Schuld für den aktuellen Krieg in Nahost gibt und Israel auf antisemitische Weise dämonisiert und delegitimiert. Hier eine Chronologie der Ereignisse.
Ende September 2024
Das Netzwerk „Gerechter Frieden“ ruft zu der Kundgebung mit dem harmlos klingenden Titel „Für einen gerechten Frieden in Israel und Palästina“ für den 18. Oktober 2024 in Berlin auf. Der Aufruf benennt nicht die Kriegsursache für den aktuellen Krieg in Gaza: Den antisemitischen Massenmord der Hamas. Trotzdem gibt es in der DFG-VK Mitglieder, die den Aufruf gut finden.
4. bis 6. Oktober 2024
Auf dem Bundeskongress hält ein Mitglied des Landesvorstands Berlin-Brandenburg einen Redebeitrag, indem er Antisemitismus als Kriegsursache benennt und argumentiert, warum die DFG-VK auf keinen Fall beim Netzwerk „Gerechter Frieden“ und seiner Kundgebung mitmachen sollte. Niemand entgegnet etwas Inhaltliches auf seinen Beitrag. Mitglieder des Landesverbands Berlin-Brandenburg veranstalten auf dem Bundeskongress eine Arbeitsgruppe zum Thema „Ist BDS antisemitisch?“, um für die verschiedenen Erscheinungsformen des Antisemitismus zu sensibilisieren. Die Mühen des Landesverbands sind vergeblich: Der Bundeskongress beschließt die Resolution „Verurteilung des Terror-Angriffs des israelischen Geheimdienst“. Gemeint sind die Explosionen von Pagern der Hisbollah. Ohne einen Beleg behauptet die Resolution: „Besonders perfide war die Programmierung der Pager, die vor ihrer Explosion mehrmals piepsten, was insbesondere Kinder zum Aufheben der Geräte animierte.“ Damit bedient sie das antisemitische Kindermörder-Narrativ.
Hier ein Bericht vom Bundeskongress: Knalle durch Halle: Bericht vom Bundeskongress 2024
Anfang Oktober 2024
Nach der Wahl eines neuen Bundessprecher*innenkreises auf dem Bundeskongress erscheint die DFG-VK als Unterzeichnerin des „Gerechter Frieden“ Aufrufs.
18. Oktober 2024
Der Landesvorstand Berlin-Brandenburg veröffentlicht eine Distanzierung mit dem Titel „Israelhass ist kein Gerechter Frieden“ von der an diesem Tag stattfindenden Kundgebung „Für einen gerechten Frieden in Israel und Palästina“. Der Landesvorstand kritisiert: „Der Aufruf zur Kundgebung benennt nicht die Kriegsursache: Den antisemitischen Terror gegen die Bevölkerung Israels“
2. Dezember 2024
Der Bundessprecher*innenkreis beschließt auf seiner Sitzung, dass die DFG-VK weiterhin Teil des Netzwerks „Gerechter Frieden“ ist. Die nächste Kundgebung ist für den 15. Februar 2025 in Berlin geplant. Aus dem Protokoll geht nicht hervor, dass der Bundessprecher*innenkreis über die Kritik am Netzwerk geredet hätte.
27. Dezember 2024
Ein Mitglied des Landesvorstands Berlin-Brandenburg erkundigt sich beim politischen Geschäftsführer und bei einem Pressesprecher der DFG-VK (beide nehmen an den Sitzungen des Bundessprecher*innenkreises teil), ob die DFG-VK zur Teilnahme an der „Gerechter Frieden“ Kundgebung eine Pressemitteilung veröffentlichen wird und ob es auf der Kundgebung eine Redner*in der DFG-VK geben wird.
2. Januar 2025
Der Pressesprecher antwortet, dass der Bundessprecher*innenpreis plant, eine Pressemitteilung zu veröffentlichen, die zur Teilnahme an der Kundgebung einlädt.
Januar 2025
Der Landesvorstand Berlin-Brandenburg plant zusammen mit den „Mahnwachen gegen Antisemitismus“ für den 15. Februar eine Gegenkundgebung zur Kundgebung des Netzwerks „Gerechter Frieden“. Ein Vorstandsmitglied übernimmt die Anmeldung.
27. Januar 2025
Der Landesvorstand Berlin-Brandenburg veröffentlicht den Aufruf zu seiner Kundgebung.
29. Januar 2025
Der Landesvorstand Berlin-Brandenburg veröffentlicht den Text „Gegen jeden Antisemitismus: Warum wir am 15.2. gegen das Netzwerk ‚gerechter Frieden‘ demonstrieren“, in dem er den Aufruf des Netzwerks und die beteiligten Organisationen im Detail kritisiert.
30. Januar 2025
Ein Mitglied des Landesvorstands Berlin-Brandenburg fragt den BSK per E-Mail:
- Wie ist es dazu gekommen, dass der BSK dieses Netzwerk und seine Kundgebungen in Berlin am 15. Februar und vorher am 18. Oktober unterstützt?
- Was ist die Begründung für diese verbandsschädigende Verhalten?
- Beabsichtigt der BSK eine weitere Unterstützung?
Die E-Mail bleibt trotz mehrmaliger Nachfragen unbeantwortet.
Ende Januar 2025
Der politische Geschäftsführer der DFG-VK ruft ein Mitglied des Landesvorstands Berlin-Brandenburg an und kündigt an, dass der Bundessprecher*innenkreis ein Gegenstatement veröffentlichen werde. Er fragt, ob sich der Landesvorstand die „schweren Vorwürfe“ gegen das Netzwerk „Gerechter Frieden“ auch „gut überlegt“ habe. Auf die Entgegnung des Berliner Vorstandsmitglieds, dass die Vorwürfe doch mit Links belegt seien, hat der Politische Geschäftsführer keine Antwort.
4. Februar 2025
Ein Mitglied des Landesvorstands Berlin-Brandenburg schickt eine SMS an den politischen Geschäftsführer der DFG-VK. Die SMS enthält das Angebot, dass der Landesvorstand Berlin-Brandenburg seine Gegenkundgebung abmeldet, wenn der BSK seine Teilnahme an der Kundgebung des Netzwerks „Gerechter Frieden“ absagt.
13. Februar 2025
Der Bundessprecher*innenkreis veröffentlicht die „Stellungnahme des DFG-VK Bundessprecher*innenkreises zur Demonstration gegen die ‚Gerechter Frieden‘-Kundgebung am 15. Februar 2025 in Berlin. Der Bundessprecher*innenkreis erklärt: „Wir stehen weiterhin hinter der Kundgebung und dem vom Bundesverband unterzeichneten Aufruf.“ Ohne eine inhaltliche Begründung heißt es: „Die Vorwürfe des DFG-VK Landesverband Berlin-Brandenburg gegen den Aufruf und insbesondere gegen einige beteiligte Gruppen teilen wir nicht und weisen sie aufs Schärfste zurück. Wir fordern den Landesverband dazu auf die Vorwürfe fallen zu lassen und die Gegendemonstration abzusagen.“
Die Stellungnahme des Bundessprecher*innenkreises findet ihr hier ganz unten im blauen Kasten.
17. Februar 2025
Im Namen des Bundessprecher*innenkreises lädt der politische Geschäftsführer den Landesvorstand Berlin-Brandenburg zu einem Gespräch ein. Er schreibt: „Um eure Position(en) besser nachvollziehen zu können, würden die Bundessprecher*innen sich zudem sehr über Belege eurer Vorwürfe gegenüber der IPPNW und PaxChristi freuen“. Ein Mitglied des Landesvorstands Berlin-Brandenburg entgegnet, dass die Belege im Text verlinkt sind und fragt, welche Belege ihnen denn fehlen? Die Frage bleibt unbeantwortet.
5. März 2025
Der Landesvorstand Berlin-Brandenburg fordert den Bundessprecher*innenkreis dazu auf, inhaltlich auf die Argumente des Landesvorstands einzugehen. Wir veröffentlichen hier unsere E-Mail, auf die wir bis heute keine Antwort erhalten haben:
Date: Wed, 5 Mar 2025 06:56:43 +0100
From: DFG-VK Berlin-Brandenburg <berlin@dfg-vk.de>
To: svg@dfg-vk.de
Subject: Re: Meeting LV BB – BSKLieber [politischer Geschäftsführer], Lieber BSK,
wir haben nun im Vorstand über eure Einladung zu einem Treffen über das Bündnis „Gerechter frieden“ gesprochen und möchten euch hiermit antworten.
Uns fehlt bisher leider das Vertrauen darin, dass ihr tatsächlich zu einer inhaltlichen Diskussion bereit seid. Die Gründe dafür sind folgende:
1. Zunächst einmal danke für den Anruf von [politischer Geschäftsführer] an [Berliner Landesvorstandsmitglied]. Damkit habt ihr uns ja wissen lassen, dass unser Aufruf und unser Hintergrundtext zum Bündnis „Gerechter Frieden“ im BSK auf Ablehnung stoßen und ein Gegenstatement angekündigt.
Leider blieb schon im Telefonat [Berliner Landesvorstandsmitglieds] Rückfrage, was genau jetzt die inhaltliche Kritik an unseren Texten ist, unbeantwortet. [Politischer Geschäftsführer] führte lediglich an, dass es ja „sehr schwere Vorwürfe“ seien, die wir in unserem Text erheben würden. Er fragte [Berliner Landesvorstandsmitglied], ob wir uns das „auch gut überlegt“ hätten. Auf [Berliner Landesvorstandsmitglieds] Entgegnung, dass die Vorwürfe ja mit Links belegt seien, gab es dann keine inhaltliche Antwort mehr.
2. Auch das öffentliche Statement des BSK geht auf keinen einzigen inhaltlichen Punkt unserer Texte ein. Stattdessen suggeriert das Statement unterschwellig, der Berliner Landesverband würde nicht hinter der Grundsatzerklärung stehen.
Der BSK teile die Vorwürfe gegen die aufrufenden Organisationen nicht und weist sie pauschal „aufs schärfste zurück“. Völlig fehlt die inhaltliche Argumentation gegen auch nur einen Vorwurf oder eine Entgegnung auf die in unseren Texten vielfach mit Zitaten und Quellenverweisen belegten Fakten. Und dann stellt das Statement ohne jeglichen Argumentationsversuch auch noch die Forderung an uns, „alle Vorwürfe fallen zu lassen“. Das hinterlässt uns mit dem starken Eindruck, dass der BSK im Grunde gar keine inhaltliche Diskussion möchte, sondern lediglich ein Machtwort spricht.
3. Der BSK bekräftigt diesen Eindruck nochmals mit dieser Einladungs-E-Mail für ein Gespräch. Darin fordert ihr uns auf, Belege für unsere Vorwürfe zu schicken. Wieder fehlt jegliche Präzisierung darauf, um welche konkreten inhaltlichen Punkte es geht. Wir sind überzeugt, dass wir die Tatsachenfeststellungen zu den betreffenden Organisationen in unserem Hintergrundtext sauber mit Quellenverweisen untermauert und unser daraus resultierendes Werturteil nachvollziehbar argumentiert haben.
Da ihr in eurer Forderung nach Belegen auf diese inhaltlichen Argumente aber in keiner Form eingeht, sind wir ratlos, welche weiteren Informationen wir euch zukommen lassen sollen?
Wir sind nicht bereit, Zeit und Ressourcen für ein Treffen aufzubringen, das sich als reine Machtdemonstration erweisen könnte. Wir haben zur Kenntnis genommen, dass der Einsatz des Landesverbands Berlin-Brandenburg gegen Antisemitismus beim BSK auf Ablehnung stößt. Es bringt uns alle nicht weiter, das bei einem Online-Treffen nochmals festzustellen.
Wir sind weiterhin offen für eine inhaltliche Diskussion. Wir hoffen, nachvollziehbar dargelegt zu haben, warum wir an den Willen dazu aktuell nicht glauben. Wir möchten euch bitten, schriftlich zumindest auf einige unserer Argumente einzugehen und nachvollziehbar darzulegen, was ihr an unseren Texten falsch findet. Das würde uns Vertrauen geben, dass es eine tatsächliche Gesprächsgrundlage für ein Treffen gibt.
Beste Grüße
Der Landesvorstand Berlin-Brandenburg
6. März 2025
Der politische Geschäftsführer leitet uns ein Schreiben von Pax Christi, einer der Organisationen im Netzwerk „Gerechter Frieden“, weiter. Das Schreiben ist in einer PDF-Datei und enthält kein Datum. Im Schreiben fordert der Bundesvorsitzende von Pax Christi die Löschung einiger Passagen aus dem Text „Gegen jeden Antisemitismus: Warum wir am 15.2. gegen das Netzwerk ‚gerechter Frieden‘ demonstrieren“ auf dem Blog des Berliner Landesvorstands. Andernfalls droht er mit rechtlichen Schritten. Er behauptet, die Vorwürfe gegen seine Organisation seien „falsch und daher verleumderisch“, ohne dabei auf die im Text verlinkten Belege einzugehen. Lustigerweise hat er die Links mit den Belegen für die angeblich „falschen“ und „verleumderischen“ Aussagen in sein Schreiben mit rüber kopiert.
Das Schreiben von Pax Christi könnt ihr hier als PDF nachlesen.
9. März 2025
Auf dem Bundesausschuss reichen Mitglieder des Bundessprecher*innenkreises überraschend und entgegen der festgelegten Fristen Anträge ein. Ein Antrag fordert den Landesvorstand Berlin-Brandenburg dazu auf, eine außerordentliche Mitgliederversammlung einzuberufen. Der andere Antrag fordert den Landesvorstand Berlin-Brandenburg zur Löschung des Textes „Gegen jeden Antisemitismus: Warum wir am 15.2. gegen das Netzwerk ‚gerechter Frieden‘ demonstrieren“ auf. Der Bundesausschuss beschließt beide Anträge. Zur Deeskalation löscht der Landesvorstand Berlin-Brandenburg den beanstandeten Text freiwillig von einem Blog, obwohl der Antrag für ihn formell nicht bindend ist.
Hier ein Bericht zum Bundesausschuss am 9. März 2025: Bericht zum Bundesausschuss am 9. März 2025: Antisemitismus spaltet die DFG-VK
6. Juni 2025
Der Landesvorstand Berlin-Brandenburg veröffentlicht eine umfassend überarbeitete zweite Auflage des Textes „Gegen jeden Antisemitismus: Warum wir am 15.2. gegen das Netzwerk ‚gerechter Frieden‘ demonstrieren“. Anstelle von Links direkt im Fließtext benutzt die zweite Auflage Zitate in Fußnoten, um Vorwürfe zu belegen. Außerdem trennt die zweite Auflage an einigen Stellen noch sauberer als zuvor zwischen Tatsachenfeststellungen und Meinungen. Der Landesvorstand Berlin-Brandenburg macht damit auch die Klagedrohung Pax Christis öffentlich.
Ende Juni 2025
Für den Bundesausschuss am 6. Juli reicht der Bundessprecher*innenkreis einen Antrag ein, der den Landesvorstand Berlin-Brandenburg zur Löschung der zweiten Auflage des Textes „Gegen jeden Antisemitismus: Warum wir am 15.2. gegen das Netzwerk ‚gerechter Frieden‘ demonstrieren“ auffordert. Im Antrag droht der Bundessprecher*innenkreis mit Ausschlussverfahren gegen die Mitglieder des Landesvorstands Berlin-Brandenburg. Als Zeichen der Deeskalation nimmt der Landesvorstand Berlin-Brnadenburg den Text bereits vor der Bundesausschuss-Sitzung freiwillig aus dem Netz. Der Bundesausschuss beschließt den Antrag trotzdem.
16. Juli 2025
Zwei Mitglieder des Landesvorstands Berlin-Brandenburg besuchen eine Sitzung des Bundessprecher*innenkreises. Anlass ist nicht der Konflikt um das Netzwerk „Gerechter Frieden“, sondern dass der Bundessprecher*innenkreis dem Berlin-Brandenburger Landeskassierer die Kontovollmacht entzogen hat. Ein Mitglied des Bundessprecher*innenkreises bedankt sich für die freiwillige Löschung der zweiten Auflage des Textes zum Netzwerk „Gerechter Frieden“ und fordert dazu auf, dass der Landesvorstand auch andere Texte aus dem Zeitraum der Gegenkundgebung löschen solle. Die anwesenden Landesvorstandsmitglieder bitten darum, dass er sein Anliegen per E-Mail an berlin@dfg-vk.de schicken soll. Eine inhaltliche Diskussion des Themas findet nicht statt.
3. August 2025
Die Berliner Vorstandsmitglieder erreicht ein Einschreiben. Der Bundessprecher*innenkreis informiert über das Ausschlussverfahren und bittet um Stellungnahme.
15. August 2025
Ein Mitglied des Bundessprecher*innenkreises verkündet auf den Mailingslisten der DFG-VK den vollzogenen Rauswurf eines Berliner Vorstandsmitgliedes und die laufenden Ausschlussverfahren gegen zwei weitere Betroffene.
18. August 2025
Der Landesvorstand Berlin-Brandenburg veröffentlicht eine Stellungname:
Deutsche Friedensgesellschaft wirft Antisemitismus-Gegner*innen raus